Ich
war schon vieles in meinem Leben: der Gute, der Böse, Nationalist,
Existentialist, Fundamentalist, Humanist, Liberaler, Kranker und
Heiler, Grüner, Schwarzer, Gelber und besseres und schlimmeres...
In
letzter Zeit aber ordnen mich immer wieder Mitmenschen in die
Kategorie "Gutmensch" ein. Irgendwie ärgert mich das. Ich
weiß aber nicht so genau, warum. Was liegt also näher, als einmal
zu googeln, was es mit den Gutmenschen oder dem Gutmenschentum, wie
es immer wieder heißt, so auf sich hat.
Erstes
(und damit ob des Ratschlusses der Algorithmen des allwissenden
Google relevantestes) Suchergebnis ist der Eintrag auf Wikipedia:
Gutmensch,
so heißt es dort, sei „...eine
ironische Verkehrung des ausgedrückten Wortsinns „guter Mensch“
in sein Gegenteil, und gilt als politisches Schlagwort mit meist
abwertend gemeinter Bezeichnung für Einzelpersonen oder
Personengruppen („Gutmenschentum“), denen ihr Attribut „Gutsein“
oder „Gutseinwollen“ als übertrieben moralisierendes odernaives
Verhalten unterstellt wird.“
Hab
ich es doch geahnt... „ironische Verkehrung des ausgedrückten
Wortsinns „guter Mensch“ in sein Gegenteil“ Deswegen hat es
mich geärgert, so genannt zu werden oder doch zumindest ideologisch
oft mit derlei Zeitgenossen in einen ideologischen Topf geworfen zu
werden. Es scheint sich hier nach Ansicht der breiten Masse, welche
diesen Begriff verwendet, um eine negative Eigenschaft zu handeln,
weil jene welche naiv bis dümmlich seien...
Dann
aber habe ich weiter gelesen, dass das Wort „Gutmensch“ im Januar
2013 bei der Wahl zum Unwort des Jahres auf Platz zwei gelandet ist.
Als Grund für die Wahl zu einem der top Unworte, gab die Jury an,
mit dem Wort werde „insbesonders in Internet-Foren das ethische
Ideal des >guten Menschen< in hämischer Weise aufgegriffen, um
Andersdenkende pauschal und ohne Ansehung ihrer Argumente zu
diffamieren und als naiv abzuqualifizieren“. Es sei, sie die Jury,
ein „Kampfbegriff“ gegen Andersdenkende...
Nun,
ich denke oft „anders“. Aber (wie wohl jeder, der überhaupt
irgendwas denkt) ich dachte, dass mein Andersdenken eben gut,
vielleicht sogar besser sei, als das anderer Andersdenkenden, weil
ich doch WIRKLICH das Gute wollte und für mich (was mich ebenfalls
mit den meisten Menschen gemein machen dürfte) klar war, dass bei
meinen Differenzen mit dem Mainstream allein die pure Vernunft mich
antreibt, zu opponieren.
Was
macht mich also in den Augen derer, die eher zufrieden sind und die
Dinge am liebsten so belassen würden, wie sie sind, zum Gutmenschen?
Ich zähle da mal zwei
Fakten zusammen, die ich für richtig halte, welche mich aber
offenbar verdächtig machen:
1.
Anthropogene
Klimaveränderung hin oder her – es spielt keine Rolle ob wir
Menschen für den Klimawandel, die Klimakatastrophe oder sonst was in
der Richtung verantwortlich sind. Es spielt aber sehr wohl eine
Rolle, ob es mit gesundem Menschenverstand vereinbar ist, endliche
Ressourcen in einer endlichen Umwelt mit Blick auf bestenfalls
mittelfristig Wirtschaftsinteressen derart zu verbrauchen, dass sie
Mensch und Umwelt schädigen. Und selbst der in
seiner Ansicht gefestigtste
„Klimakritiker“ wird anerkennen müssen, dass die Produkte aus
der Verbrennung fossiler Energieträger gesundheitsschädlich sind.
Auch im Hinblick auf die wertvollen Produkte (Medikamente,
Werkstoffe, etc.), welche aus Erdöl hergestellt werden können, ist
ein möglichst sparsamer Umgang mit diesem Rohstoff doch schon aus
purem Egoismus zwingend geboten.
2.
Ich
glaube, dass wer sich „christlich“ nennt, auch so handeln sollte,
weil er sich ansonsten nicht nur unglaubwürdig macht, sondern all
seine Argumente schwachsinnig erscheinen lässt. Wer zum Beispiel
sagt, dass die Vorstellung eines personalen Gottes nicht reiner
Aberglaube ist, andererseits aber für diesseitige Vorteile die
Regeln der eigenen Religion verletzt und sogar
den großen neutestamentlichen Lehrer, den Verkünder der frohen
Botschaft brüskiert, indem er gegen dessen Lehre handelt, der
widerlegt sich selbst – automatisch.
Naja
– und dann habe ich noch viel mehr Vorstellungen und Ideen, die
gelegentlich als Gutmenschentum abgetan werden. Aber um die geht es
hier ja nicht. Es geht darum, warum ich in Zukunft gerne als
Gutmensch bezeichnet werden will.
Als
Mitglied des Deutschen Journalisten Verbandes gehe ich davon aus,
dass die Funktionäre dieses Verbandes ganz richtig liegen, wenn sie
vermuten (übrigens im Einklang mit renommierten
Sprachwissenschaftlern), der Ursprung des Wortes „Gutmensch“ sei
in der Sprache des Nationalsozialismus zu suchen.
Kardinal
Graf von Galen hatte sich zur Zeit des staatlich geförderten
Rassenwahns gegen die Ermordung von Menschen mit Behinderung
eingesetzt. Er und seine eine Anhänger, die gegen dieses
unmenschliche Verbrechen protestierten, wurden von den Nazis mit
„Gutmensch“ bezeichnet. Ein weiterer Hinweis auf den Urspurung
des Wortes im Nazi-Jargon ist die Tatsache, dass es sich möglicher
Weise aus dem Jiddischen „a gutt Mensch“ ableitet. Der DJV
verweist ausserdem auf Adolf Hitler, der in seinem Buch „Mein
Kampf“ die Vorsilbe gut
wiederholt in abwertendem Zusammenhang verwendet hatte.
Ach
so? Ein Gutmensch ist also einer, der den Nazis nicht in den Kram
passt???
Hehe
– bitte, ihr Leute, die ihr meine Argumente nicht hören wollt,
mich als ideologisch verbrämt einstuft und glaubt, ich könne mit
meinen Ansichten nicht im Recht sein: nennt mich gerne einen
Gutmenschen :-) Ich verstehe das in Zukunft als Auszeichnung meiner
Eigenschaft, ideologisch nicht zu euch zu passen. Und ich werde
diesen und auch andere Titel, die ihr mir verleiht, mit stolz, wie
Einen Orden vor mir hertragen. Nicht nur, weil er mich als etwas
wirklich besonderes kennzeichnet, sondern weil er offenen Menschen
auch gleich ermöglicht zu erkennen, wess Geistets Kind ihr seid...
Selbstverständlich
irre ich mich immer wieder mal. Aber ich mache keinen Hehl daraus.
Ich ändere Meine Meinung, wenn ich erkenne, dass ich einer falschen
Annahme aufgesessen bin. Aber bei Euch habe ich das noch nie gesehen
– diesen Prozess der selbstkritischen Reflexion...