Montag, 3. Juni 2013

Das Ende eines weiteren Originals - das Lindwurmstüberl ist Geschichte.

Eine Ära geht zu Ende...

Rund 38 Jahre lang wurde das Kult-Lokal "Lindwurmstüberl" in München von der Gastronomenfamilie Ensle betrieben. Vor ca. 10 Jahren hat der älteste Sohn das Gasthaus übernommen und erfolgreich weiter geführt. 

Das Lindwurmstüberl macht nach außen hin nicht besonders viel her. Auch die Inneneinrichtung ist eher als zweckmäßig zu bezeichnen. Aber letzteres hätte geändert werden sollen, bei der jüngsten Renovierung. Nur der vehemente Protest von Stammgästen hat dafür gesorgt, dass die alten Stühle und Tische erhalten geblieben sind. Aber eigentlich hat das nie eine wirkliche Rolle gespielt. Es war wohl schon immer so, dass das eigentliche Inventar, beziehungsweise die eigentliche Seele eben aus diesen Stammgästen bestanden hatte.

Seit jeher haben sich im Lindwurmstüberl Gäste aus allen Schichten getroffen. Egal ob arme Rentner, die sich einmal in der Woche ein erschwingliches und gutes Mittagessen gönnten, Arbeiter, die hier ihre Mittagspause verbrachten oder Banker und Manager, denen eine gute Küche wichtiger war als ein ausgefeiltes Konzept zur Erlebnisgastronomie.

Der Charme der Servicekräfte war handfest bis gewöhnungsbedürftig, aber immer korrekt und ehrlich. Der Service selbst kann im Vergleich mit den zahllosen Gaststätten und Kneipen in München nur als vorbildlich bezeichnet werden. Das Geheimnis: Kaum einer der Kellner und Bedienungen war eine Aushilfskraft. Es war immer schon selbstverständlich, dass der Gast im Lindwurmstüberl von Profis bedient wird, die auch mit einer großen Zahl von hungrigen Gästen fertig wurden, jedem seine Bestellung zügig servieren konnten und dabei auch noch gelassen blieben. Etwas, das in der heutigen Gastro-Landschaft eine Ausnahme darstellt.

Aber jetzt - wo alles vorbei sein soll - habe ich mich mit der kompletten Familie noch einmal nach München begeben, um ein letztes Mal ein letztes Mahl einzunehmen.

Das Lindwurmstüberl macht dicht - und doch nicht. Ein neuer Wirt wird ab dem 1. Juli 2013 die Gaststätte übernehmen. Aber, dass es nie mehr so werden wird wie bisher, ist jedem klar, der das Kult-Lokal kennt und - vor allem die konstant hohe Qualität der Speisen - zu schätzen weiß.

Das Lindwurmstüberl hatte nicht die besten Brathähnchen oder Schweinshax'n, weil die die Luft dort so gut ist, sondern weil der Chef in der Küche nicht nur mit gearbeitet hat, weil es ihn billiger kommt, sondern weil Ralf Ensle (wie sein Vater schon) Koch aus echter Leidenschaft ist.

Über die Gründe, warum Ensle aufhört, wurde in der Presse schon genug spekuliert. Da stehen Halbwahrheiten und Unwahrheiten und eben Spekulationen. Ich weiß, was der wahre Grund für das Ende einer Ära ist - ich habe persönlich mit dem Wirt gesprochen. Und ich glaube, dass es für ihn vielleicht sogar eine echte Chance sein könnte, etwas ganz anderes, Neues, Interessantes zu machen. Wann und was es auch immer sein mag :-)

Aber was mich persönlich (abgesehen vom Verlust des besten Brathähnchen Münchens) ein bisschen traurig macht, ist die Tatsache, dass hier wieder ein echter Geheimtipp verloren geht, weil irgend jemand geglaubt hat, man müsse den Wirt erpressen, damit er 365 Tage im Jahr die Gaststätte offen hält. Kein Sonntag, kein Feiertag, keine Ferien. Und das in einem Stadtviertel, das an Wochenenden und Feiertagen so tot ist, dass es als Kulisse in einem Endzeitfilm dienen könnte...

Es gibt Grenzen des Wachstums und der Gewinnmaximierung. Einige haben das nicht eingesehen. Aber die werden niemals zufrieden, also niemals glücklich sein. Und das ist es doch eigentlich, was das Ziel von allem sein sollte, oder?

Ich war bei meinem letzten Besuch im Lindwurmstüberl wieder einmal mehr als zufrieden mit perfekten Pommes frites, einem Medium-Steak zum Niederknien und einem selbst gemachten Salat, der wahrlich an Frische und Geschmack keine Wünsche offen lässt. Das alles ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr, wenn man in einem Münchner Lokal zum Essen geht. Aber solche Erwartungen werden sich die Menschen vielleicht irgendwann mal ganz abgewöhnen müssen.

Ich habe auf jeden Fall noch zwei halbe Hähnchen mit nach Hause genommen und sie am Tag darauf kalt verspeist. Mit großem Genuss!

Ich verabschiede mich hiermit in Dankbarkeit von einer der qualitativ hochwertigsten Küchen Münchens.

Schad' is, dass wahr ist aber wahr ist, dass gar is' :-/

In ein paar Jahren werde ich wieder dort hin gehen. Dann vielleicht in eine Sushi-Bar oder auf einen Kaffee im Starbucks. Wir werden sehen.

Aber ich werde mich immer daran erfreuen können, dass ich von frühester Kindheit bis Anfang 40 hier immer wieder mal einen erfrischend guten und günstigen Schmaus hatte :-)


1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hello. And Bye.