Sonntag, 3. Juni 2007

Alex Jocobowitz

Oder: Obszönitäten in der Fußgängerzone!

Schon vor Jahren ist mir unter den münchner Straßenmusikanten einer aufgefallen, der anders war, als die anderen. Keine Gitarre, keine Panflöten, auch kein Keyboard, wie ich es in letzter Zeit immer öfter gesehen habe.

Nein, es ist auch nicht der Mann mit der mäßig gepflegten Erscheinung, welcher ein ganzes Klavier mit sich führt, das noch mäßiger gestimmt ist.

Es handelt sich um den New Yorker Alex Jacobowitz, der doch tatsächlich ein rund drei Meter langes Xylophon mit sich führt, um die Passanten von Neuhauser- und Kaufingerstraße, bzw. Marienplatz mit seiner Musik zu erfreuen.

Seine Musik ist gut, sein Witz prägnant, wenn auch dem regen Wechsel seines Publikums angepasst. Sich stellt er vor, als einen Musiker aus New York, der mit seinem Xylophon verheiratet sei. Tatsächlich kann es sich aber nur um ein "schlampiges Verhältnis", wie man in Bayern sagt, handeln... denn in Wirklichkeit hat dieser Mann Familie (7 Kinder) in Israel!

Was allerdings auffällt, ist die Tatsache, dass niemand seinem obszönen Treiben einen Riegel vorzuschieben gedenkt. Nicht nur, dass er zugibt, sein Instrument zu lieben - nein, er praktiziert diese Liebe auch noch mit Leib und Seele in aller Öffentlichkeit.

Als leidlicher Kenner und leidenschaftlicher Genießer der klassischen Musik habe ich selten jemanden gehört, der sein Instrument derart umarmt, streichelt, kitzelt, küsst und mit ihm verschmiltzt. Hört man diesem Mann und seinem Instrument zu, dann ist jeder Ton eine Liebeserklärung, manchmal sogar ein lustvolles Aufstöhnen.

Die anderen Straßenmusiker müssen ihn hassen. Schließlich hat seine Musik nicht nur Herz, sondern auch Seele. Kein Vergleich mit den Arbeitern der Abzockindustrie im Maya- Kostüm, oder gar der armen Mitmenschen, die im besten Alter, halbwegs gepflegtem Äusseren und bei offenbar voller Gesundheit die Melodika quälen, um den Passanten die Euros aus den Taschen zu locken. Besonders ekelhaft wird die Vorstellung, wenn die letztgenannten auch noch auf Knien um Spenden flehen.

Nicht aber, weil ich betteln ekelhaft finde, sondern weil diese bedauernswerten Menschen von jedem Euro keine 10 Cent behalten können. Sie geben es, in Mafiösen Organisationen verknechtet, an Ihre Peiniger weiter.

Zurück aber zu Alex Jacobowitz, der nicht nur meinen Helden J. S. Bach mit nur 4 "Fingern" (gemeint sind die Schlägel) überaus virtuos zu neuem Klang verhilft, sondern auch auf bewegende Art die traditionelle Musik hebräischen, jiddischen und israelischen Ursprungs zum Leben erweckt.

Wenn es einem vergönnt ist, an einem schönen Tag durch die Münchner Fußgängerzone zu schlendern, wenn dann auch noch das Glück eine Begegnung mit Alex Jacobowitz schenkt, dann muß man unbedingt die Gunst der Stunde nutzen.

Lauschen Sie der Musik, werden Sie ein Teil von Alex und seinen beinahe anzüglichen Liebkosungen, die er seinem Instrument zukommen lässt. Lassen Sie sich tragen von einer ungeahnten Lebensfreude, die selbst aus scheinbar traurigen Melodien zu Ihnen sprechen kann, lassen Sie sich verzaubern von einem Virtuosen, dem ein Musikprofessor einmal sagte, dass sein Traum unmöglich zu erfüllen sei. Er wollte nichts weiter, als ein hervorragender Xylophonspieler werden.

Welch ein glücklicher Mensch, dieser Alex Jacobowitz! Er hat nicht nur seinen Lehrer Lügen gestraft, er hat es auch geschafft, seinem Leben einen Inhalt zu geben, der nicht nur ihm selbst zur Ehre gereicht, sondern auch den Komponisten seiner Stücke, und nicht zuletzt Gott selbst, den die Schöpfer der Melodien oft preisen wollten. Aber Jacobowitz schafft es, das übliche trällern solcher Melodien, in eine Art besonderen Gottesdienst zu verwnadeln.

Und das - obwohl er im traditionellen Judentum seine Heimat gefunden hat - über konfessionelle Grenzen hinweg. Er spielt liturgische Musik aus dem Judentum mit der selben Hingabe, wie jene aus dem christlichen Kreis.

Ich werde es auch weiterhin als Geschenk betrachten, wenn ich Jacobowitz mit seiner Geliebten antreffe und genug Zeit und Muse habe, den beiden bei ihrem Liebesspiel zu lauschen.

Es ist überaus inspirierend - mich hat es sogar zur Idee für ein Drehbuch inspiriert.

Ich danke Ihnen, Alex!

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Aber ich bedanke mich ...

Alex Jacobowitz