Freitag, 25. Mai 2007

Lindwurmstüberl

Es ist gemeinhin bekannt, dass man die guten Dinge im Leben immer erst zu schätzen lernt, wenn sie einem entzogen werden. Und besonders schmerzhaft spürt man einen solchen Verlust, wenn er die Lebensqualität wesentlich beeinträchtigt.

Und ich bin fest davon überzeugt, dass ich an dieser Stelle für viele Münchner spreche, die den gleichen Schmerz wie ich fühlen und sich eines wesentlichen Teils ihrer Lebensqualität beraubt fühlen.

Das Lindwurmstüberl ist (vorübergehend) geschlossen und wird renoviert.

Diese Gaststätte ist (oder vielmehr wird gewesen sein) ein von aussen wenig attraktiver Flachbau. Als Baracke nach dem Krieg errichet, verpachtet die Augustiner Brauerei hier eine Gastwirtschaft, wie sie im Zeitalter von Dönerbuden und Vinzenzmurr ausgesprochen selten geworden ist.

Das Lindwurmstüberl ist so demokratisch wie Oktoberfest oder Biergarten. Hier sind alle gleich. Der Bankdirektor speist neben dem Handwerker, der Harz-IV Empfänger gönnt sich den rar gewordenen Luxus, auswärts zu essen, neben der Rentnerin, die hier seit über 40 Jahren jeden Samstag ihren Schweinebraten genießt.

Die meisten Besucher hier sind Stammgäste. Sie schätzen, dass hier nur wenig Wert auf Formalitäten gelegt wird, dafür aber umso mehr auf das, was man gut bürgerliche Küche nennt. Und damit bin ich schon bei meinem Schmerz:

Bis in den August hinein wird diese zünftige Wirtschaft geschlossen sein. Allerdings nicht wegen Betriebsurlaub, oder andere Bequemlichkeiten. Es geht um die Renovierung des hinfällig gewordenen Baus.

Und das bedeutet bis dahin:
- keine Möglichkeit mehr, einen der letzten hausgemachten Kartoffelsalate Münchens zu essen
- keine Chance auf eine Rinderlende in Pfefferrahmsoße, die einem förmlich auf der Zunge zergeht
- keine Gnade für die Münchner, welche Süchtig sind nach dem nachweislich besten Brathühnchen der Stadt

Das Lindwurmstüberl ist ein echter Geheimtipp. Faire Preise, autentische Bedienungen und qualitativ wie geschmacklich einwandfreie Speisen.

Was ist eine Autentische Bedienung?

Auf keinen Fall wird man hier von studentischen Aushilfskräften bedient, die schon bei drei Gästen gleichzeitig in Panik geraten und dann eine Bestellung nach der anderen vergessen, oder falsch liefern.

Nein - die Bedienungen im Lindwurmstüberl sind absolute Profis! Jeder Gast wird hier gleich behandelt; egal, ob Harz-IV Empfänger, oder Bankdirektor. Und auch bei Hochbetrieb (immer zum Mittags- und Abendgeschäft) behalten die resoluten Frauen (und auch der ein oder andere Mann) sowohl Nerven, als auch Überblick.

Keine gespielte Freundlichkeit. Dem Fremden mag der Service anfangs etwas rau erscheinen. Aber schon bald merkt man, dass der Umgang mit dem Gast einfach nur ehrlich ist. Ist der Gast freundlich und weiß sich zu benehmen, wird er es sehr gut haben. Und wenn nicht, dann halt nicht ;-)

Die Renovierung ist sicherlich schon aus baulichen Gründen dringend erforderlich. Aber wir (die Gäste des Lindwurmstüberls) hoffen alle, dass der ehrliche Charme dieses Lokals erhalten bleibt. Der bemerkenswert hohe Standart der Küche, der professionelle Service und die für Münchner Verhältnisse anständigen Preise; das sind die Gründe, warum das Lindwurmstüberl immer wieder zur Essenszeit voll sein wird.

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