An der Wesermündung:
Tag 2:
So einfach ist das also: aufstehen, frühstücken, sein. Keine Termine, keine langfristigen Planungen (von der Zugkarte für die Heimfahrt einmal abgesehen, was aber keinen unerfreulichen Termin darstellt, da wir dank eines Sonderangebotes erster Klasse fahren).
Nun, sowas ist also Urlaub. Seit Florida – das ist nun wirklich schon viele, viele Jahre her (über 15 bestimmt) – hatte ich keinen mehr. Urlaub. Ein abstraktes Wort, bei dem mir gerne Palmen und Sandstrände in den Sinn kommen. Naja, Sand gibt’s hier auch. Und Palmen sicher ebenfalls, in mäßig geschmackvoll eingerichteten Wohnungen...
Hier gibt’s Strandhafer, der auf dem Deich wächst, hier gibt’s Wind, der jede Bemühung, sich Morgens eine Frisur zuzulegen, ad absurdum führt, hier gibt’s Regen, der nur so lange anhält, bis man die Drachenleine eingeholt, den Drachen verstaut und die Fahrt zurück in die Pension angetreten hat.
Apropos Drachen: wer glaubt, das Drachen steigen zu lassen, ein lustiger Spaß für die ganze Familie ist, der irrt gewaltig! Es handelt sich dabei um nichts weniger als eine Wissenschaft. Hallo? Immerhin werden in dieser Disziplin Europameisterschaften ausgetragen. Warum sollte also mein erster richtiger Tag als Kite-Fan erfolgreich und ohne Frust verlaufen??
Meine Annahme, dass ein Deich den Wind nach oben zwingt und somit auch meine Lenkmatte (Parafoil steht auf der Verpackung) mit in große Höhen reißt, beruhte schlicht auf der Ignoranz des Umstandes, dass der Wind auf der anderen Seite des Deichs auch wieder runter muss. Kurz nachdenken hätte genügt. Aber viele erniedrigende versuche, meinen Kite in die Luft zu reißen fördern die Erkenntnis auch. Es dauert nur länger und schadet dem Familienfrieden nachhaltiger (auch wenn Nachdenken an sich ebenfalls so manchen faulen Frieden beenden kann, was aber wohl zu weit führt und auch nicht hierher gehört).
Auf jeden Fall sind es nicht nur sanfte Abwinde, die auf der leeseitigen (lee (die dem Wind abgewandte Seite von irgendwas) ist das Gegenteil von luv (die eben dem Wind zugewandte Seite von demselbigen)) Deichfront den Kite nach unten befördern, wie ich im Internet recherchieren konnte, sondern teuflische Wirbel, die ihn vielmehr in den Abgrund reißen. Also freie Wiese suchen.
Nun, ansonsten gibt’s nicht viel zu sagen... ausser, dass es angenehm langweilig ist. Und das meine ich nicht ironisch. Ich stehe total auf die völlige Abwesenheit von irgendwelchen Attraktionen...
Wir werden sehen.
Mittwoch, 31. August 2011
Montag, 29. August 2011
Urlaub an der Nordsee, Tag 1b
An der Wesermündung:
Urlaubstag 1(b):
Nach 2 Tagen Anreise, 933km unterbrochen von einer anstrengenden und außergewöhnlich guten Familienfeier, nun der erste eigentliche Urlaubstag. Ist es wahr, dass die Seele mit maximal 80 km/h reisen kann oder ist das das Alter. Es muss das Alter sein. Eine kurze Überschlagsrechnung zeigt, in 36 Stunden hätte meine Seele mehr als die dreifache Strecke zurücklegen können.
Die erste Nacht in Rufweite zur Nordsee war angenehm, die Betten ohne wesentlichem Grund zur Beanstandung. Gut, der Fernseher ist zu klein – selbst für einen Tatort. Das Einschlafen war nach 36 Stunden mit nur rund 4 Stunden Schlaf dazwischen weitaus weniger einfach, als erhofft. Viele Gedanken über die Verwandtschaft, die weit, weit weg wohnt und die ich seit rund 20 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Außergewöhnliche Menschen, die mir das gute Gefühl gegeben haben, nie weg gewesen zu sein. Eher noch haben sie suggeriert, ich hätte dort, über 400 Kilometer von der eigenen Heimat entfernt, noch eine zweite, eine Reserveheimat.
Nun heute also das erste Frühstück im lang herbeigesehnten Urlaub. Obwohl... lang herbeigesehnt hat ihn Annette, meine Frau. Ich selbst hätte (zumindest meiner subjektiven Einschätzung nach) keinen Urlaub gebraucht. So wie ich mich hier und jetzt aber fühle, brauche ich ihn vielleicht sogar noch dringender. Es wird sich zeigen. Ich bin frohen Mutes, wie man so schön sagt.
Das Frühstück war unspektakulär, bodenständig und gut. Hatte kräftigen Schwarztee. Schmeckt mir oft besser und zeitigt bei mir eine angenehmere Wirkung als der alltägliche Kaffee. Die Wirtin unserer Pension scheint mir ein angenehmer Mensch zu sein. Die anderen Gäste sind unaufdringlich und verzichtbar.
Urlaub mit den eigenen Eltern in der selben Pension, die Schwiegereltern nur 2 Kilometer weiter im Ferienhaus und die liebe Gattin keinen Meter entfernt. Habe ich schon erwähnt, dass ich gespannt bin, wie erholsam der Urlaub für mich wird?
Das Wetter hier ist ein eigenes Thema, das ich in künftigen Berichten von dieser Reise wenn möglich ausklammern werde. So oft, wie sich das binnen Stunden, manchmal Minuten, komplett ändern kann, ist es keiner Chronik würdig. Heute Morgen Novemberregen mit Herbstwind; eine Kombination, die mich mehr erfreut, als manch einer vielleicht vermuten würde. Kurz darauf Sommersonne, dann dazu dieser kräftiger Wind, der mich euphorisch macht, um mich schließlich mit einem kräftigen Regenguss vom Deich zu treiben.
Der Wind. Nicht so stetig, wie ich gehofft hatte. Habe mir heute Vormittag eine Lenkmatte (Drachenersatz) gekauft. Lässt sich leider nur mit Anstrengung steuern, böiger Wind mit kurzen Pausen macht ein erfülltes Drachen-Steigen-Lassen fast unmöglich. Viel Verdruss. Dann mein Vater, der sich während meines Kampfes mit den Elementen einen richtigen Lenkdrachen holt. Hätte ich auch machen sollen. Sein Drachen steigt auf (von mir gelenkt), dann ein scharfes „Klick“. Die linke Schnur scheint gerissen (es war dann aber der Befestigungsring an der Handschlaufe), der Drachen dreht sich in einer starken Böe mit über 150 RPM rechts um die eigene Achse. In dieser wenig eleganten Flugbewegung nähert er sich unaufhaltsam dem Boden. Die verbliebene rechte Schnur verheddert sich in einem Baum zwischen mir und dem Drachen. Ich bin gezwungen, stark nachzugeben, damit das Ding nicht im Baum hängen bleibt, sondern auf die wilde Wiese dahinter stürzen kann. Es beginnt zu regnen, mit zunehmender Tendenz. Die Regentropfen sind viel dramatischer als Zuhause. Ich bin enttäuscht, dass der wesentlich bessere Drachen keine 20 Sekunden in der Luft war, ehe er sich in wilden Kapriolen wieder Richtung Erde bewegte. Mein Vater ist verärgert, diagnostiziert einen Materialfehler und kündigt an, zu reklamieren.
Sonst nichts. Erholung ist gut. Keine Termine, kein Telefon. Warum auch. Es hätte keinen Sinn, würde nichts ändern. Heute Abend Essen im Ferienhaus der Schwiegereltern. Es gibt Granat mit Rührei und Schwarzbrot.
Jetzt gibt’s „Die Zeit“, welche mich mit einem Titel gelockt hat, der argwöhnen lässt, die Redakteure haben mein Tagebuch gelesen. Unverzüglich würde ich rechtliche Schritte einleiten, wenn ich Tagebuch führen würde. Danach ein ausgedehntes Nickerchen. Keine weiteren Aufgaben. Die nächsten Tage sind nicht geplant und werden, wenn es sich vermeiden lässt, auch weiter ungeplant kommen und sich einfach ereignen.
Urlaubstag 1(b):
Nach 2 Tagen Anreise, 933km unterbrochen von einer anstrengenden und außergewöhnlich guten Familienfeier, nun der erste eigentliche Urlaubstag. Ist es wahr, dass die Seele mit maximal 80 km/h reisen kann oder ist das das Alter. Es muss das Alter sein. Eine kurze Überschlagsrechnung zeigt, in 36 Stunden hätte meine Seele mehr als die dreifache Strecke zurücklegen können.
Die erste Nacht in Rufweite zur Nordsee war angenehm, die Betten ohne wesentlichem Grund zur Beanstandung. Gut, der Fernseher ist zu klein – selbst für einen Tatort. Das Einschlafen war nach 36 Stunden mit nur rund 4 Stunden Schlaf dazwischen weitaus weniger einfach, als erhofft. Viele Gedanken über die Verwandtschaft, die weit, weit weg wohnt und die ich seit rund 20 Jahren nicht mehr gesehen hatte. Außergewöhnliche Menschen, die mir das gute Gefühl gegeben haben, nie weg gewesen zu sein. Eher noch haben sie suggeriert, ich hätte dort, über 400 Kilometer von der eigenen Heimat entfernt, noch eine zweite, eine Reserveheimat.
Nun heute also das erste Frühstück im lang herbeigesehnten Urlaub. Obwohl... lang herbeigesehnt hat ihn Annette, meine Frau. Ich selbst hätte (zumindest meiner subjektiven Einschätzung nach) keinen Urlaub gebraucht. So wie ich mich hier und jetzt aber fühle, brauche ich ihn vielleicht sogar noch dringender. Es wird sich zeigen. Ich bin frohen Mutes, wie man so schön sagt.
Das Frühstück war unspektakulär, bodenständig und gut. Hatte kräftigen Schwarztee. Schmeckt mir oft besser und zeitigt bei mir eine angenehmere Wirkung als der alltägliche Kaffee. Die Wirtin unserer Pension scheint mir ein angenehmer Mensch zu sein. Die anderen Gäste sind unaufdringlich und verzichtbar.
Urlaub mit den eigenen Eltern in der selben Pension, die Schwiegereltern nur 2 Kilometer weiter im Ferienhaus und die liebe Gattin keinen Meter entfernt. Habe ich schon erwähnt, dass ich gespannt bin, wie erholsam der Urlaub für mich wird?
Das Wetter hier ist ein eigenes Thema, das ich in künftigen Berichten von dieser Reise wenn möglich ausklammern werde. So oft, wie sich das binnen Stunden, manchmal Minuten, komplett ändern kann, ist es keiner Chronik würdig. Heute Morgen Novemberregen mit Herbstwind; eine Kombination, die mich mehr erfreut, als manch einer vielleicht vermuten würde. Kurz darauf Sommersonne, dann dazu dieser kräftiger Wind, der mich euphorisch macht, um mich schließlich mit einem kräftigen Regenguss vom Deich zu treiben.
Der Wind. Nicht so stetig, wie ich gehofft hatte. Habe mir heute Vormittag eine Lenkmatte (Drachenersatz) gekauft. Lässt sich leider nur mit Anstrengung steuern, böiger Wind mit kurzen Pausen macht ein erfülltes Drachen-Steigen-Lassen fast unmöglich. Viel Verdruss. Dann mein Vater, der sich während meines Kampfes mit den Elementen einen richtigen Lenkdrachen holt. Hätte ich auch machen sollen. Sein Drachen steigt auf (von mir gelenkt), dann ein scharfes „Klick“. Die linke Schnur scheint gerissen (es war dann aber der Befestigungsring an der Handschlaufe), der Drachen dreht sich in einer starken Böe mit über 150 RPM rechts um die eigene Achse. In dieser wenig eleganten Flugbewegung nähert er sich unaufhaltsam dem Boden. Die verbliebene rechte Schnur verheddert sich in einem Baum zwischen mir und dem Drachen. Ich bin gezwungen, stark nachzugeben, damit das Ding nicht im Baum hängen bleibt, sondern auf die wilde Wiese dahinter stürzen kann. Es beginnt zu regnen, mit zunehmender Tendenz. Die Regentropfen sind viel dramatischer als Zuhause. Ich bin enttäuscht, dass der wesentlich bessere Drachen keine 20 Sekunden in der Luft war, ehe er sich in wilden Kapriolen wieder Richtung Erde bewegte. Mein Vater ist verärgert, diagnostiziert einen Materialfehler und kündigt an, zu reklamieren.
Sonst nichts. Erholung ist gut. Keine Termine, kein Telefon. Warum auch. Es hätte keinen Sinn, würde nichts ändern. Heute Abend Essen im Ferienhaus der Schwiegereltern. Es gibt Granat mit Rührei und Schwarzbrot.
Jetzt gibt’s „Die Zeit“, welche mich mit einem Titel gelockt hat, der argwöhnen lässt, die Redakteure haben mein Tagebuch gelesen. Unverzüglich würde ich rechtliche Schritte einleiten, wenn ich Tagebuch führen würde. Danach ein ausgedehntes Nickerchen. Keine weiteren Aufgaben. Die nächsten Tage sind nicht geplant und werden, wenn es sich vermeiden lässt, auch weiter ungeplant kommen und sich einfach ereignen.
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