Donnerstag, 16. April 2009

U-Bahn Fahrten - und das Wunder des Lebens ;-)

...oder: warum sich nicht täglich tausende Münchner entleiben...

Als Stadtbewohner, der erkannt hat, wie unsinnig es ist, ein eigenes Auto zu besitzen, fahre ich regelmäßig mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Das scheint auf den ersten Blick zwar relativ teuer (IsarCard für die Ringe 1 bis 7 = knapp 900,-€ im Jahr), bringt mir aber allzeit Mobilität zu einem (im vergleich mit einem Auto) doch günstigen Preis.

Auch mit einem relativ sparsamen Kleinwagen sind jedes Jahr rund 4.000,- Euro fällig. Nicht nur der Kraftstoff spielt bei der Berechnung mit. Reparaturen, Kundendienste, Öl- und Reifenwechsel, Reinigung, Versicherung und Steuer schlagen schließlich auch noch einmal erheblich zu Buche. Zum Einkaufen kann ich leicht mit dem Bus fahren, oder ich lasse mir schwerere Sachen (Getränke, Konserven u.ä.) liefern. Das kostet gerade mal um die 5 Euro mehr, als ich im Laden zahle, das ist beim Wegfall der KFZ-Kosten leicht drin. Sogar gelegentliche Taxifahrten, oder ein Mietwagen übers Wochenende ist da finanzierbar. Auch habe ich eine Bahn-Card, die sich praktisch von selbst rentiert. Und mit all dem Luxus: Taxi, Lieferdienst, Mietwagen und Bahnreisen, zahle ich immernoch keine 4.000,- Euro! Und dazu kommt noch, dass ich mehr lese (in S- und U-Bahn), ich komme entspannt und gut gelaunt in der Arbeit an und über Parkplatzprobleme habe ich mir schon seit zwei Jahren keine Gedanken mehr gemacht ;-)
... aber das nur am Rande :-)

Jeden Morgen, an dem ich mit dem Strom der arbeitenden Mitmenschen unterwegs bin, werde ich fast erschlagen von der Menge an unglaublich schwer leidenden Menschen. Ihre Gesichter sind in tiefe Falten gelegt, ihre Blicke bösartig bis leer...

Ein schreckliches Bild, das sich einem Besucher hier bietet. Nun haben wir Münchner menschlich gesehen nicht den besten Ruf. Arroganz und Emotionale Kälte wirft man uns vor... da bin ich anderer Meinung, aber das ist nicht das Thema. Aber dieses unendliche Elend, das die Menschen zu ertragen scheinen, die täglich in der Rush-Hour mit den öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind, drängt mir vor allem eine Frage auf: warum begehen die nicht alle auf der Stelle Selbstmord???

Oder leiden sie vielleicht gar nicht soo sehr, sondern tun sich nur selbst leid, weil sie so früh wach sein müssen? Oder sind sie nur schlecht drauf, weil sie in die Arbeit müssen? Eine Arbeit vielleicht, die ihnen keine Freude macht? Das wäre schlimm.

Ich habe oft unter großen finanziellen Engpässen zu leiden. Doch nehme ich diese gerne in Kauf, wenn ich mit dafür die Freiheit bewahren kann, nur für Arbeitgeber zu werkeln, bei denen es mir Spaß macht.

Nein, nein. Mir ist vollkommen klar, das es in einer teueren Stadt wie München einfach gewisse Zwänge gibt, denen man sich unterordnen muss. Auch in die Arbeit zu gehen, wenn man keine Lust hat, gehört einfach dazu, in einer Gesellschaft, die sich so vorbehaltlos dem Leistungsprinzip verschrieben zu haben scheint.

Aber ich möchte nur eines zu bedenken geben:

Arbeitszeit ist Lebenszeit.

Dieser Satz kann so oder so ausgelegt werden. Die einen werden vielleicht vermuten, es handelt sich um einen Aufruf an die Angestellten, sich gegen die Chefs zu erheben, weil die ihnen das Leben zur Hölle machen. Die anderen sehen darin aber vielleicht die Aufforderung, die Arbeitszeit als das zu begreifen, was sie in der Tat ist: Zeit in unserem Leben. Und wenn wir uns selbst fragen, wie wir leben wollen, dann wird die Antwort sicher nichts mit den griesgrämigen Gesichtern im ÖPNV- Berufsverkehr zu tun haben.

Also ich tendiere eher dazu, zu sagen: wenn ich schon Kloputzer bin, dann will ich zu den besten und gründlichsten Kloputzern gehören, die dieses Scheißhaus je gereinigt haben.

Und wie schnell wir auch arbeiten, wie sehr wir uns auch in die Geschwindigkeitsmaximierungswahnwelt hineinsteigern - es gilt doch:

Zeit kann nicht gespart werden. Zeit kann nur gelebt werden. Nicht gelebte Zeit ist für immer verloren.

...also worauf warten wir noch?

Abschließend hier noch ein Zitat:
"Wir sind frei. Es gibt kein Müssen und kein Soll'n - wenn wir nicht woll'n ... Ihr Sklaven in der Überzahl wie lang' noch wollt Ihr leiden? Wir müssen uns entscheiden..."
(Blumfeld)