Samstag, 8. September 2007

Überwachungsstaat - Bundestrojaner

Ein befreundeter Kameramann hat vor einigen Jahren einmal folgendes zu mir gesagt:

"Ich muß jetzt aufhören, mich über den Polizeistaat zu beklagen. Weil wenn wir demnächst einen echten Polizeistaat haben, hört mir dann keiner mehr zu."

Dieser kleine Linke (politisch) hat meiner Meinung nach sehr viel über unseren Staat gesagt, mit nur einem einzigen Satz. Schon heute kann man das Gefühl von Gängelung durch die sogenannte Staatsmacht oft nicht mehr wegdiskutieren. Freilich kaum in der breiten Masse. Aber viele Einzelpersonen haben schon Erlebnisse gemacht, die zumindest den Verdacht nahelegen, dass man gezielt gegen sie vorgeht, obwohl sie sich im Sinne der Gesetze nichts haben zu Schulden kommen lassen.

Dabei meine ich mit Staatsmacht immer Behörden, die eigentlich ihre Existenzberechtigung nur darin haben, dem normalen, gesetzestreuen Bürger zu dienen, ihn zu schützen und sein Leben zu erleichtern.

Mein Lieblingsbeispiel ist die Polizei. Ich erkläre hier noch einmal meine unpopuläre Ansicht, dass die Polizei etwas gutes ist. Die Mitarbeiter der Polizei sind Menschen wie Du und ich. Sie stoßen in ihrer täglichen Arbeit an die gleichen Grenzen wie alle anderen Menschen auch.

So haben gut 8.000 Mitarbeiter der Bayerischen Polizei sich eingebracht, als es darum ging, ein Leitbild für die Zukunft der Polizeiarbeit in Bayern zu formulieren. In der Präambel (Einleitung) lautet der erste Satz wie folgt:

"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."

Also ist anscheinend unter den Mitarbeitern dieser Institution die Einsicht über das Dienen weit verbreitet.

Allerdings kann ich von Beispielen Berichten, die diesen Grundsätzen zuwider laufen.

Beispiel eins:

Aus meinem privaten Umfeld. Der name der Betroffenen Person, die Automarke, die Stadt und all sowas wurden geändert.

Frank, einer meiner besten Freunde, fährt in einer Arbeitspause mit seinem BMW durch Berlin, um sich einen Hamburger bei McDonalds (Name des Lokals wurde nicht geändert) zu holen.

Während er sich den Burger am Drive-In Schalter geben lässt, fällt ihm schon ein Streifenwagen auf, dessen Besatzung ein Auge auf ihn geworfen hat. Als Träger einer Baseball Mütze macht er sich natürlich besonders verdächtig.

Wenige Meter, nachdem er mit seinem Auto das Gelände von McDonalds verlassen hatte, wurde er von der Funkstreife aufgehalten. Nach den üblichen Formalitäten wurde er von dem Beamten (es handelte sich um einen Mann und eine Frau) gefragt, ob er Drogen genommen / gekifft hätte. Auf diese Frage antwortete er mit einem klaren nein.

Daraufhin führte der beamte mit meinem Freund mehrere Reaktions-, Koordinations- und Denktests durch. Alle diese Tests bestand er ohne Einwände. Der Beamte lies sich allerdings nicht von seiner Überzeugung abbringen, Frank hätte sein Fahrzeug unter Einfluß von Marihuana gelenkt.

Nach längerem argumentatorischen hin und her, räumte Frank ein, dass er durchaus ab und zu mal zum Joint greift, sicherlich aber nicht in letzter Zeit, weswegen ein Drogeneinfluß nicht gegeben sei (daher waren ja auch alle Tests ohne Befund).

Eine Urinprobe mußte Frank ablehnen, weil er eine leere Blase hatte. Also auferlegte ihm der Beamte ein 12-stündiges Fahrverbot. Außerdem mußte Frank (dessen Pause sich dem Ende zuneigte) mit zur Ärztlichen Blutentnahme fahren.

Nach über zwei Monaten kam das Ergebnis der Blutprobe: Kein Nachweis von THC, oder anderen Drogen!!!

Nachdem sich der Polizist aufgrund von dem Alter Franks, dessen Auto und seiner Bekleidung auf einen vorliegenden Drogenmißbrauch festgelegt hatte, konnte ihn kein Argument, einschließlich der selbst durchgeführten Tests, mehr davon abbringen...

Natürlich ist dies ein eher schwaches Beispiel. Aber man muß bedenken, dass Frank, der sich in Sachen Autofahren und Drogen, bzw. Alkohol am Steuer nie etwas zu Schulden hat kommen lassen, nun mit seinem Auto sicherlich nicht weniger häufig mit Kontrollen rechnen muß...

... vor allem, wenn man folgendes Beispiel mit in die Überlegung mit einbezieht:

Während meiner Zeit im Rettungsdienst hatte ich auch oft mit sogenannten Nebenamtlichen zu tun. Das heißt, es handelt sich dabei um Rettungsdienstmitarbeiter, die in ihrer Freizeit neben einem anderen Beruf her auch noch Rettungsdienst fahren.

An der Rettungwache, der ich zugeteilt war, tat auch eine junge Kollegin Dienst, die im normalen Berufsleben Polizistin war. Sie berichtete oft und gerne über Einsätze im Polizeidienst.

Eine der Geschichten, die mir besonders in Erinnerung geblieben sind, ist die von dem Schauspieler Charles M. Huber. Für jede, die es nicht wissen: Huber ist von dunkler Hautfarbe, landläufig als "schwarz" bezeichnet.

Eines Nachts, nahe er Deutsch / Österreichischen Grenze hatte meine Kollegin im Polizeidienst eben Charles M. Huber aufgehalten und kontrolliert. Dabei hatte Herr Huber einen Fehler gemacht, den ich im übrigen wirklich als Fehlverhalten einstufe. Er hat gegen die eingehende Kontrolle protestiert. Und das (wenn den Schilderung meiner Kollegin zutreffend war) mit dem Argument, ob man denn überhaupt wisse, wer er denn sei...

Nun ist das soweit noch keine Affäre... Aber was mir meine Kollegin danach sagte, läßt eine anständigen Menschen schon nachdenklich werden. Sie prahlte förmlich damit, dass Herr Huber nun mit seinem Fahrzeug auf jeden Fall häufiger kontrolliert werden würde, da sein Kennzeichen ja nun mit einem entsprechenden Vermerk gespeichert sei.

Wohlgemerkt: das einzige Vergehen von Charles M. Huber bestand in seinem (wenn auch nicht zu 100% angemessenen) Protest!

Mißbrauch der Macht, die durch Erhebung von Daten einzelner Bürger entsteht, ist also keine Zukunftsvision, sondern bereits (hoffentlich nur in Einzelfällen) Realität!

Gerade in letzter Zeit flammt immer wieder die Diskussion über mehr polizeiliche Befugnisse im Kampf gegen den Terror auf. Die Gründe dafür sind real und nicht von der Hand zu weisen. Auch ich bin davon überzeugt, dass ein bestimmtes Maß an Überwachung für ein bestimmtes Maß an Sicherheit zwingend erforderlich ist.

Vor gut drei Wochen hatte ich ein unerfreuliches Streitgespräch mit einem meiner besten Freunde. Es ging um den sogenannten "Bundestrojaner", also die Ausforschung des Ihnhaltes privater Computerfestplatten durch Polizeibehörden, bzw. Geheimdiensten.

Mein Freund sprach sich deutlich dafür aus. Ich hielt dagegen, dass eine flächendeckende Überwachung nicht möglich sei und vor allem dem Mißbrauch Tür und Tor öffnen würde. Zudem wird ein gut organisierter Terrorist, oder sonstiger Verbrecher sicher nicht mit unverschlüsselten Daten arbeiten. Und auch, wenn man Verschlüsselungstechnik verbietet - warum sollten sich Verbrecher, Mörder, oder Kinderschänder daran halten.
Schließlich juckt einen Bankräuber auch kein Vermummungsverbot - oder?

Die oben genannten Beispiele habe ich nur angeführt, weil ich aufzeigen wollte, dass bereits heute Menschen in den Behörden arbeiten, die gerne und ohne nachzudenken bereit sind, ihre Macht aus welchen Gründen auch immer zu mißbrauchen. Selbst wenn Tausend Mitarbeiter ehrliche, ideologisch einwandfreie Staats- und damit Bürgerdiener sind; nur ein einziger Mitarbeiter, dessen Moralische Grundsätze wackelig, oder gar nicht vorhanden sind, macht den Leumund aller anderen in der Behörde zunichte. Der korrumpierte Mitarbeiter alleine bedeutet mehr Gefahr, als die anderen an Sicherheit bieten können.

Meiner Ansicht nach, brauchen wir vor dem Hintergrund eines ideologischen Weltkrieges (wie wir ihn heute haben) auch entsprechende Mittel, um unbescholtene Bürger, um Menschen vor Gewalt und Terror zu schützen - unbedingt. Aber die Wahl dieser Mittel und der Umfang, in dem sie eingesetzt werden sollen, muß mit allergrößter ethischer Sorgfalt abgewogen werden!

Abschließend möchte ich noch zwei Sp
rüche zum Besten geben:

Als erstes ein Sprichwort:

"Wer einen Lenin hat, wird auch einen Stalin bekommen..."

Als zweites ein Zitat:

"
Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen,
wird am Ende beides verlieren."
(Benjamin Franklin)